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... Einzeln und frei wie ein Baum und brüderlich wie ein Wald


Unsere nächste Ausstellung widmete sich thematisch genau diesen Zeilen nach dem Gedicht des türkischen Dichters Nazim Hikmet.

Gneisenaustraße 80 in Berlin. Das Fassadenbild nach einem Gedicht von Nazim Hikmet: “Leben einzeln und frei wie ein Baum und brüderlich wie ein Wald ist unsere Sehnsucht”. Anfang der 1980er Jahre fiel das Bild an dem schlichten Gebäude in West-Berliner Kreuzberg besonders auf. Der Text unter dem Bild in deutscher und türkischer Sprache war poetisch wie revolutionär zugleich.

Gerade in der Zeit, in der die Stadt eine politische Metamorphose erlebte, strahlte der Text eine ungewöhnliche Schönheit. Während  die Stadt überwiegend von Hausbesetzerszene geprägt war (im Juni 1981 waren es 165 Häuser in ganz West-Berlin), war die westdeutsche Debatte über die geringe Integrationsbereitschaft der damals 1,5 Millionen „türkische Gastarbeiter“ oder einfach nur „Türken“ und „Ausländer“, wie man damals noch sagte, im Hintergrund geraten. Der Entwurf und Ausführung des Fassadenbildes stammt von dem iranischen Künstler Akbar Behkalam*.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ahmad BarakiAhmad Baraki

 

 

 

 

 

Ahmad

Barakizadeh

 

 

 

 

 

geboren 1969 in Schiraz/ Iran. Bildhauer, Karikaturist, Journalist und ehemaliger Professor und Bildhauer-Dozent in der  Kunstuniversität und Universität der Wissenschaften und Kultur in Teheran. Studium Kharkiv state Academy of Design and

Arts. Restaurator in der Artothek der Sozialen Kunstförderung in Berlin. Lebt und arbeitet seit 2014 in Berlin

Carleen BaumCarleen Baum

Carleen

Baum

1982 in Bad Belzig geboren und lebt im Landkreis Potsdam-Mittelmark. Seit 2015 aktive Künstlerin. Arbeitet überwiegend mit verschiedenen Naturmaterialien und gestaltet damit neue Dimensionen
Ariane BossAriane Boss

Ariane

Boss

1972 in Bad Urach geboren. Graduierung an der Wyomissing Highschool im US-Bundesstaat Pennsylvania. Studien- und Malreise in Lateinamerika. Aufenthalt in Dreux und Paris. Meisterschülerin von Wolfgang Petrick, Universität der Künste Berlin. Lebt und arbeitet in Falkenberg/Brandenburg
Ute DeutzUte Deutz

Ute

Deutz

1970 geboren in Osnabrück. Zeichenakademie Hanau. Studium Design in Düsseldorf. Arbeitet als freie Designerin und Künstlerin. Atelier in der Kreativfabrik Berlin
Barbara EitelBarbara Eitel

Barbara

Eitel

geboren 1962 in Darmstadt. Studium Zeichnung und Installation an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach/M. Lebt und arbeitet in Berlin

Fatemeh EyvaziFatemeh Eyvazi

Fatemeh

Eyvazi

1987 in Teheran geboren. Studium der Kunst, Malerei  und Architektur in Azad Universität Teheran. Beschäftigte sich überwiegend mit Animationsfilm und Illustration für Kinderbücher. Seit 2016 lebt sie in Deutschland und studiert in der  Weißensee Kunsthochschule in Berlin
Johanna FassbenderJohanna Fassbender

Johanna

Fassbender

 Johanna Fassbender ist Künstlerin, Sängerin, Musikerin und lebt in Berlin. Sie nennt ihre Zeichnungen “blind”, weil der Blick während des Zeichnens niemals das Bild berührt, sondern beim Modell bleibt, das tastend erfasst wird… nicht ein ästhetisches Ideal ist Gegenstand der Darstellung, sondern das Seelenvolle im Gegenüber…
Corinne Holthuizen-HabermannCorinne Holthuizen-Habermann

Corinne

Holthuizen-Habermann

1965 geboren in Biel, Schweiz. Studium der Architektur in Zürich. Sommerakademie der UdK Berlin bei Manfred Butzmann. Seit 1995 freischaffende Architektin in Berlin und seit 1982 Beschäftigung mit Fotografie
Thomas KaatzThomas Kaatz

Thomas

Kaatz

geboren 1987 in Belzig. Studierte Wirtschaftsingenieurwesen und arbeitet in dem Bereich in der Lutherstadt Wittenberg. 2007 entdeckte er seine Leidenschaft für Holz und entwickelte seine ersten künstlerische Projekte:  "Ziel soll es sein, dem Betrachter differenzierte Sichtweisen, Interpretationsspielräume und Denkanstöße zu geben"

Maryam KordaniMaryam Kordani

Maryam

Kordani

geboren 1989 in Teheran. Studierte dort Grafik und bildende Kunst sowie Zeichnungen und Textillustration. Arbeitete dort als freischaffende Malerin. Seit 2016 in Berlin
Bettina LehfeldtBettina Lehfeldt

Bettina

Lehfeldt

1964 in Lörrach geboren. Studium des Grafkdesigns Basel als Grafik Designerin. Arbeitete als Grafikerin in Gestaltungsbüros und Werbeagenturen in Basel und Berlin. Seit 1995 freischaffende Grafikerin und Malerin. Lebt und arbeitet in Kleinmachnow und Berlin

Heike ZaiserHeike Zaiser

Heike

Zaiser

1964 in Sindelfingen geboren. Studium der freien Malerei und Grafik an der UdK Berlin bei Prof. Klaus Fußmann. Studium der Kunsttherapie an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Lebt und arbeitet als Bildende Künstlerin und Kunsttherapeutin in Berlin und Schwerin

 

 

 

 

Nazim Hikmet: "Die Einladung"

Vorgestellt von Theo Schneider
 

Er war ein Kerl wie ein Baum, sagt man: Der türkische Dichter Nâzım Hikmet, der die meiste Zeit seines Lebens in türkischen Gefängnissen oder außerhalb der Türkei im Exil verbrachte. Und dennoch der wichtigste türkische Dichter des 20. Jahrhunderts wurde. In der Türkei kennt jeder seinen Namen, aber wenige kennen tatsächlich seine Werke, die erst 15 Jahre nach Hikmets Tod dort erscheinen durften. Ein Kerl wie ein Baum, rotblond, blauäugig - er, der oft Bäume in seinen Gedichten erwähnte, hatte zum Teil auch deutsche Vorfahren.

Sein berühmtestes und meistzitiertes Gedicht endet mit einem Lob der Solidarität unter den Bäumen: „Einsam und frei wie ein Baum, brüderlich zusammen stehen wie ein Wald“. Das ist ein schönes poetisches Bild. Dachten wir alle. Bis wir von den neuen Forschungen der Baumbiologie hörten, die belegen, dass sich Bäume tatsächlich gegenseitig helfen.


Zwei Versepen, zweieinhalb Romane, sechzehn Dramen und unzählige Gedichte, übersetzt in mehr als 40 Sprachen. Nâzım Hikmet ist einer der großen Lyriker des 20. Jahrhunderts, er hat die osmanische Dichtung von orientalischen Exotismen und Manierismen in die Moderne geführt. Zum Dank hat ihn die Türkei wegen seiner Literatur verfolgt und inhaftiert. 16 seiner 62 Lebensjahre hat er im Gefängnis verbracht und 20 im Exil. Er starb 1963 in Moskau.


Geboren wurde Nâzım Hikmet 1902 in Thessaloniki, wo sein Vater Konsul war. Der Großvater, bei dem er aufwuchs, schrieb Gedichte, der andere, Enver Pascha, organisierte den Völkermord an den Armeniern. Hikmet selbst wollte sich den Jungtürken um Atatürk anschließen, reiste dann aber mit einem Freund nach Moskau. Er blieb dort, studierte und stürzte sich in die Abenteuer der futuristischen Moderne, war mit den Dichtern Sergej Jessenin und Wladimir Majakowski befreundet, die ihn nachhaltig beinflusst haben. Und er wurde Kommunist und blieb das ein Leben lang. Allerdings ohne je Funktionär zu werden und sich den Dogmatismen der Genossen von der Genickschussfraktion zu beugen. Und seine Literatur ist frei von Agitprop und aufgesetzter Tendenz. Seine Gedichte erzählen von Armut und Unterdrückung. Sie sind leidenschaftliche Plädoyers für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität - und sie feiern das Leben. „Die Einladung - (Davet)“ lautet der Titel des folgenden Gedichts.

Im Galopp aus dem fernen Asien kommend,
reckt es sich wie ein Stutenkopf ins Mittelmeer:
Das ist unser Land.
Handgelenke blutig, Zähne verkeilt, Füße nackt,
und die Erde ein seidener Teppich:
das ist unsere Hölle, unser Himmel.
Die Werktore der Fremden sollen zugehen und nie mehr auf,

dass die Knechtschaft von Menschen durch Menschen endet:
Das ist unsere Einladung.
Leben! Einzeln und frei wie ein Baum
und alle brüderlich wie ein Wald,
das ist unsere Sehnsucht.


Die letzte Strophe dieses Gedichts, das von geradezu deprimierender Aktualität ist, gehört seit Jahrzehnten zum… nun ja, sagen wir mal eisernen Bestand linker Kalendersprüche, die auf Transparenten bei Demonstrationen mitgetragen werden, auf Plakaten zu Veran

staltungen aufrufen oder als Grafitti an Mauern gesprüht werden.
Es ist ja auch nichts falsch an dem Bild von den brüderlichen Bäumen und an der Sehnsucht, zu sein wie sie. Ist es doch gleichzeitig eine Absage an kapitalistische Holzplantagen wie an die strenge Parteidisziplin im sogenannten realen Sozialismus.

Quelle und mehr dazu unter:

https://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/am-samstagnachmittag/gedichte-und-ihre-geschichte-nazim-hikmet-die-einladung-davet-swr2-am-samstagnachmittag/-/id=10710046/did=19815130/nid=10710046/103kb5a/index.html

 

 

 *Akbar Behkalam wurde 1944 in Iran geboren. Von 1961 bis 1964 studierte er Kunst an der Hochschule der Künste Tabriz im Iran. Nach seinem Militärdienst zog er nach Istanbul und studierte dort Freie Kunst. Von 1972 bis 1974 lebte er in Paris, Frankfurt, Rom und Berlin. 1974 ging er in den Iran und unterrichtete an der Kunsthochschule Tabriz. 1976 kam er zurück nach Berlin und seit dem lebt er dort. Seit 1989 hat er zudem ein Atelier in Brandenburg.